Schleppende Aufklärung seit Jahrzehnten: Angehörige von Opfern der Colonia Dignidad fordern Täter auf, sich zu äußern. Sie kämpfen um Anerkennung.

Eine ruhige Wohnsiedlung im nordrhein-westfälischen Krefeld-Oppum: Etwa fünfzig Personen haben sich am Samstag zu einer Kundgebung versammelt und halten Fotos von verschwundenen chilenischen Oppositionellen. In dem Wohnhaus, vor dem die Kundgebung stattfindet, lebt seit Kurzem Hartmut Hopp (79), der frühere Leiter des Krankenhauses der Colonia Dignidad und rechte Hand des 2010 verstorbenen Sektenchefs Paul Schäfer.

Auf Transparenten fordern die Menschen Aufklärung der Verbrechen der Colonia Dignidad und Gerechtigkeit für die Opfer der deutschen Sektensiedlung in Chile, in der ab 1961 ein Regime von sexualisierter Gewalt und Zwangsarbeit herrschte und wo während der chilenischen Diktatur (1973 bis 1990) Hunderte Oppositionelle gefoltert und Dutzende ermordet wurden. „Seit fast fünfzig Jahren suche ich meinen Vater und meinen Bruder “, sagt Juan Rojas Vásquez, der in der Umgebung der Colonia Dignidad aufgewachsen ist und heute in Stuttgart lebt.

Am 13. Oktober 1973 wurden sein Bruder Gilberto und sein Vater Miguel verschleppt und vermutlich in der Colonia Dignidad ermordet. Ihr Schicksal wurde nie aufgeklärt. Vásquez ist sich sicher, dass Hopp, der als Verbindungsmann der Colonia Dignidad zum chilenischen Geheimdienst DINA galt, weiß, was seinen Angehörigen in der Colonia Dignidad widerfahren ist.

Hartmut Hopp lässt sich an diesem Samstag nicht blicken. In Chile ist er wegen Beihilfe zu Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch Minderjähriger rechtskräftig zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er entzog sich dieser Strafe, indem er sich nach Deutschland absetzte. Seit 2011 lebt Hopp weitgehend unbehelligt in Krefeld. Deutschland liefert ihn als deutschen Staatsbürger nicht an Chile aus, lehnte auch einen chilenischen Antrag ab, nach dem er seine Haftstrafe in Deutschland absitzen sollte.

Verbrechen in Deutschland straflos geblieben

Schließlich stellte die deutsche Justiz auch eigenständige strafrechtliche Ermittlungen gegen Hopp und auch gegen andere Führungspersonen der Colonia Dignidad ein. In Deutschland sind die Verbrechen der Colonia Dignidad straflos geblieben, in keinem Fall kam es zur Anklageerhebung. Mehrere frühere Führungsangehörige der deutschen Siedlung, die mit Interpol-Haftbefehl gesucht wurden, finden in Deutschland ein Rückzugsgebiet. Währenddessen geht die politische Aufarbeitung nur sehr langsam voran.

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